Das Wagnis der Liebe

Ich saß einmal im Krankenhaus am Bett eines Mannes, der seinem Schwager nicht verzeihen konnte und ihm alles Böse gewünscht hatte. Denn der Schwager hatte ihn um ein Haus betrogen. Ich fragte den Mann, ob er auf dieses Haus angewiesen war. Er sagte: "Nein, ich habe drei Häuser. Ich brauchte es nicht. Aber das Haus hätte mir gehört. Recht muss Recht bleiben!"
Der Mann erzählte mir weiter mit gehässigen Worten, obwohl er ein guter Katholik sei, wie er behauptete:
"Dem habe ich zugerufen: Behalte das Haus! Aber es soll dir kein Glück bringen! Und ich will mit dir für alle Zeit und Ewigkeit nichts mehr zu tun haben! Der Teufel soll dich einmal holen!
Bei einem Bombenangriff ist das Haus völlig zerstört worden. Wir haben uns zufällig auf der Fahrt an die russische Front getroffen. Er wollte mit mir reden. Ich habe ihm wieder geantwortet: Ich will in alle Zeit und Ewigkeit nichts mehr mit dir zu tun haben! Dabei bleibt es! Ich wünsche dir, dass dich eine russische Granate zerfetzt!
Tatsächlich hat ihm eine Granate das Bein zerfetzt. Nach dem Krieg konnte er doch wieder im Büro arbeiten. Aber wie gesagt, ich habe gegen diesen Menschen nur Verachtung. Da gibt es keine Versöhnung. Das kann der gerechte Herrgott nicht verlangen."
Als nun jedoch der Mann dem Tode nahe kam, musste ich ihm sagen: "Wenn du in den Himmel kommen willst, musst du endlich in einer reuigen Beichte deinen Hass gegen den Schwager ablegen. Sonst kann ich dir die Lossprechung von deinen Sünden nicht geben. Wenn du nicht verzeihst, verzeiht dir auch Gott nicht."
Es hat lange gedauert, bis ich ihn dazu gebracht hatte, seinem Schwager zu verzeihen. Nun musste ich zu seinem Schwager fahren, der auch in einem Krankenhaus lag. Der aber sagte mir:
"So, drückt ihn jetzt endlich das Gewissen, weil er Angst hat vor dem Richterstuhl Gottes. Aber jetzt mag ich nicht mehr. Der hat mir die ganze Jahre nur Böses gewünscht mit seinem Hass, dass manches in Erfüllung gegangen ist. Nein, der soll jetzt zum Teufel gehen, was er mir gewünscht hat!"
Ich brauchte lange, bis ich auch ihm soweit ins Gewissen reden konnte: "Ohne Versöhnung gibt es keine Versöhnung mit Gott." Der Mann war fähig, dass er mit der Krücke gehen konnte. Ich brachte ihn ins Krankenhaus zum Verwandten. Sie haben sich Gott sei Dank von Herzen verziehen. Damit war der Weg frei für den Himmel. Auch wenn wohl noch manches im Fegfeuer gereinigt werden musste.
Bei einer Volksmission in Wien, ich war dabei, da hatte der Missionsleiter eine besondere Methode gewagt: Die Gläubigen durften bei einer Pause der Predigt Fragen stellen. Da fragte eine Frau: "Warum hat mir der Beichtvater die Lossprechung verweigert, nur weil ich einer Feindin, die mich ständig mit bösen Wünschen verfolgt, nicht einfach verzeihen kann. Ich habe ihr nichts Böses getan. Sie aber fügt mir immer Böses zu."
Als der Prediger mit der Antwort zögerte, sagte die Frau:
"Ja, Sie selber waren der strenge Richter, der mir die Lossprechung verweigert hat."
Dem Prediger war die Antwort peinlich. Er meinte, das gehört nicht an die Öffentlichkeit. Die Frau aber verlangte:
"Das geht uns alle an. Da sind viele, die das nicht verstehen können, warum wir immer verzeihen sollen, und die andern immer nur voller Bosheit hassen dürfen."
Damit wagte der Prediger als Antwort:
"Ich will nur sagen, was Gott sagt.
Vor allem hat uns Jesus beten gelehrt: Vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern!
Damit muss uns allen klar sein: Gott wird uns nur verzeihen, wenn auch wir verzeihen. Wenn wir das nicht tun, können wir kein Vater unser mehr beten.
Jesus sagt ausdrücklich:
"Wenn ihr den Mitmenschen ihre Fehler verzeiht, wird auch euer himmlischer Vater euch die Sünden verzeihen. Wenn ihr aber den Menschen nicht vergebt, wird euch auch Gott eure Sünden nicht vergeben." (Mt 6,14)
Petrus fragte Jesus:
"Herr, wie oft soll ich meinem Nächsten vergeben, wenn er gegen mich sündigt? Vielleicht siebenmal? - Jesus antwortete: Nicht siebenmal, sondern siebzig mal sieben." (Mt 18,21) Also immer. Jesus erzählt dann das Gleichnis vom unbarmherzigen Knecht, dem der Herr die grosse Schuld nicht vergeben wollte. Darauf übergab der Herr den unbarmherzigen Knecht voll Zorn den Peinigern, die ihn ewig foltern werden. Jesus erklärt dazu: "Genauso wird mein himmlischer Vater mit euch verfahren, wenn ihr nicht, ein jeder seinem Nächsten von Herzen verzeiht." (Mt 18,23)
Weiter sagt Jesus:
"Richtet nicht, so werdet ihr nicht gerichtet werden! Verdammt nicht, so werdet ihr nicht verdammt werden! Vergebt, so wird euch vergeben werden!...Mit dem gleichen Mass, mit dem ihr messt, wird euch gemessen werden." (Luk 6,36)
Der Apostel Jakobus schreibt: Ein Gericht ohne Erbarmen wird über den kommen, der kein Erbarmen geübt hat. Barmherzigkeit aber tilgt das Gericht (Gottes)!"
Der Missionar sagte zum Abschluss:
"Das dürfte genügen, um zu verstehen, dass wir immer allen verzeihen müssen und alle lieben müssen, wenn wir von Gott Verzeihung erhoffen wollen und Gott überhaupt gehören wollen." -
Der Apostel Johannes sagt ganz klar:
"Wir müssen einander lieben. Denn die Liebe ist aus Gott. Jeder, der liebt, ist aus Gott geboren und der erkennt Gott. Wer nicht liebt, der kennt Gott nicht. Denn Gott ist die Liebe." (1. Joh 3,7)
Es ist ein sehr ernster Auftrag Jesu:
"Das ist mein Gebot: Liebet einander, wie ich euch geliebt habe!" Wenn wir dieses sein höchstes Gebot überhören wollten, würden wir die Gemeinschaft mit Jesus verlieren und wir wären unerlöst.
Jesus Christus ist die Mensch gewordene Liebe des Vaters. Er ist das lebendige Herz Gottes in dieser Welt. Jesus wirkt in seiner Liebe immer noch in gleicher Weise wie damals im Heiligen Land mitten unter uns, wenn auch verborgen im Geheimnis der Sakramente. Vor allem wirkt Jesus weiter im Priestertum und in der heiligsten Eucharistie.
Ich war erst kurz wiederum in Ars am Grabe des hl. Pfarrers Vianny. Es ist fast unglaublich, was Jesus durch diesen Priester, der ganz in seiner Liebe lebte, vollbringen konnte an unzähligen Menschenseelen. Vianny war unfähig und unbegabt. Aber er hat sich in seiner Hilflosigkeit ganz Jesus preisgegeben. So hat Jesus sein Priestertum in diesem armseligen Mann ungehindert entfalten können. Jesus braucht keine grossen Männer. An geringen Männern kann seine göttliche Grösse leichter zur Geltung kommen.
Wir müssen immer wieder versuchen, Jesus in seiner Sendung vom Vater zu sehen. Wir kennen das Wort: "So sehr hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen Eingeborenen für sie dahingab, damit alle, die an ihn glauben, nicht verloren gehen, sondern das ewige Leben haben."
Nach dieser Sendung und Liebe seines Vaters hat Jesus die Jahre auf Erden als Menschensohn gelebt, geopfert und gesühnt bis in den grausamsten Tod am Kreuze.
Seine Sühne am Kreuze war der Höhepunkt seiner Sendung vom Vater. Denn Jesus sollte als Menschensohn alle Schuld von den Menschen wegsühnen, damit die reine Gerechtigkeit der Liebe Gottes wieder frei sich den Menschen aufschliessen könne. Die Jünger und alle konnten das nicht fassen, dass der Messias am Kreuze enden werde. Jesus hat ihnen zwar gesagt: "Eine grössere Liebe hat niemand als der, welcher sein Leben hingibt für seine Freunde." (Joh 15,13)
Aber wie hätten sie solches Liebesopfer begreifen können, die eben die Reinheit der Liebe Gottes fordert.
Wir wollen kurz sehen, wie Jesus seine Liebe gewagt hatte bis zur völligen Selbsthingabe. Das erste Wagnis seiner Liebe vollzog Jesus im Abendmahlsaal, als er sich den Jüngern zur Speise hingab. Zuerst in der Gestalt des Brotes:
"Nehmet alle hin und esset! Das ist mein Leib, der für euch hingegeben wird!"
Dann in der Gestalt des Weines:
"Nehmet alle hin trinket daraus! Das ist mein Blut, das für euch und für viele vergossen wird zur Vergebung der Sünden!"
"Tut dies zu meinem Gedächtnis!"
Damit hatte Jesus seine Opferhingabe mystisch bereits vollzogen. Nun musste sie geschehen bis zur höchsten Vollendung.
Wir sehen ihn dann auf dem Ölberg. Jesus war bereit, alles zu erfüllen, wie der Vater es wollte. "Vater, wenn es möglich ist, lass diesen Kelch an mir vorübergehen! Aber nicht mein Wille geschehe, sondern der deine!"
Jesus breitete auf dem Ölberg seine Arme aus mit der Bereitschaft seiner ganzen Herzensliebe, das völlige Opfer zu wagen.
Da sah Jesus die unzähligen Menschen, die durch alle Jahrhunderte und Jahrtausende erlöst werden sollen. Jesus war dafür bereit.
Da jedoch sah er in seiner göttlichen Schau unzählige Menschen, die seine Liebe nicht annehmen wollen. Die ihn sogar in seinem Liebeswagnis verachten und verspotten. So ist Jesus bereit, noch tiefer sich in sein Liebesopfer zu wagen. Hundertmal qualvoller will er sich opfern, damit sie trotzdem gerettet werden können vor den schrecklichen ewigen Qualen der Hölle. In seiner allmächtigen göttlichen Liebe scheint ihm nichts unmöglich.
So sehr quält sich Jesus hinein in sein Liebesopfer, dass sein Herz in seinem äussersten Wagnis das Blut in schmerzenden Tropfen durch die Hautporen presst, um möglichst alle Menschen zu retten. Aber es gelingt nicht. Jesus sieht: Viele Menschen, wie er es schaut, die meisten Menschen wollen seine Liebe nicht anerkennen. Sie wollen sich von ihm nicht retten lassen. Sie genügen sich und beten sich selber an im Stolze des Betrügers Satan.
Jesus hat seinen Mantel ausgezogen und wischt damit das Blut von seinem Antlitz. Auch an den Gräsern und Sträuchern ringsum leuchten rot die Tropfen seines Blutes. Die Qual seiner Liebeshingabe windet sich ins Unendliche.
Da kommt ein hl. Engel vom Himmel, vom Vater gesandt, er reicht ihm einen Kelch zur Stärkung. Jesus trinkt, sein Blut muss sich erneuern. Der hl. Engel blickt im tiefer Schauder. Jesus liest vom Antlitz des Engels den Auftrag des Vaters:
"Es ist genug, mein Sohn! Ich will keine Knechte ins Himmelsreich zwingen! Wer deinem Liebesopfer nicht glaubt und dir nicht folgt, der kann nicht gerettet werden. Nur Liebe, die einst in ewiger Freiheit jubelt, ist willkommen in der Herrlichkeit unserer göttlichen Liebe."
Damit war Jesus bereit, sein Karfreitagsopfer zu vollziehen bis zum letzten Blutstropfen. Es war das grösste und grausamste Wagnis der Liebe, das je vollzogen worden ist. Wir stehen darum immer noch erschüttert vor dem Zeichen des Kreuzes Christi.
Nun geschieht es an allen, die Jesus mit dem Kreuze nachfolgen, dass sie aufs neue das Wagnis der Liebe Jesu in ihrer Art vollziehen. Tröstlich hilft dabei Jesus jedem, der dies wagt. Jesus kann in seiner Liebe nicht anders als mit jedem sein Kreuzesopfer aufs neue zu erleiden. Darum schenkt er sich uns auch in seinem Opferleib und in seinem Opferblut, damit wir in seiner Liebesnachfolge nicht ermatten.
Damit muss die Frage, warum wir alle lieben müssen und allen zu jeder Zeit verzeihen müssen, gelöst sein: Eben in der Liebesnachfolge und im Liebeswagnis mit Jesus.
Nun wollen wir wieder ein wenig Umschau halten und sehen, wie die Christen leben auf dieser Welt. Ob sie auch wissen, dass wir mit Jesus die Liebe wagen müssen, damit wir als Kinder Gottes reifen für die vollkommene Liebe im Himmelreich.
Ich erinnere mich an ein altes Ehepaar, das mir Sorgen machte. Sorgen nicht im weltlichen Sinn, sondern als Kinder Gottes. Sie waren beide um die 70, hatten ihre Kinder gut versorgt, wie ich wusste, waren gesund, aber sie fanden beide kaum mehr in die Kirche.
So stand ich eines Tages bei ihnen im Garten. Ich lobte ihren Fleiss und ihre Rüstigkeit.
Der Mann legte seinen Spaten beiseite und meinte: "Herr Pfarrer, dazu sind sie sicher nicht gekommen, um uns das zu sagen. Sie wollen uns fragen, warum wir selten in die Kirche kommen."
Ich lächelte. Der Mann sagte: "Kommen sie her in unsere Gartenlaube, damit wir darüber reden!"
Der Herr, Paul hiess er mit Vornamen, schenkte in zwei Gläschen einen selbstgebrauten Zwetschgenlikör, trank mir zu zum Wohl, dann fing er an:
"Herr Pfarrer, wir haben 6 Kinder, wie Sie wissen. Meine Frau und ich haben grosse Opfer gebracht, um ihnen eine gute Ausbildung fürs Leben zu sichern. Wir haben sie auch religiös gebildet, gewiss. Sie mussten jeden Sonntag in die Kirche gehen, solange wir das noch bestimmen konnten. Und jetzt? Na ja. Die Mutter soll es Ihnen erzählen."
Anna hiess die Mutter, sie fing gleich an:
"Jetzt sind sie alle feine Leute. Zwei Söhne haben sogar den Doktortitel. Der Dritte ist Grosskaufmann. Alle drei Töchter sind mit besten Männern verheiratet. Geld haben alle genug."
Der Vater dazwischen: "Ja, Geld haben sie alle genug."
Die Mutter: "Und das Geld beten sie an, nicht mehr den Herrgott. Und das vierte Gebot kennen sie auch nicht mehr, du sollst Vater und Mutter ehren."
Der Vater: "Sie leben ihr eigenes Leben als hätten sie nie Vater und Mutter gehabt, die sich für sie fast zu Tode geschunden haben. Wenn sie einmal kurz vorbeischauen, sagen sie gleich: Wir haben leider nicht lange Zeit."
Die Mutter mit Tränen in den Augen: "So leben wir beide als hätten wir nie Kinder gehabt. Auch wenn sie einmal kurz kommen, sie sind uns fremd geworden."
Der Vater berichtigt:
"Nur der Älteste, der Hans, der grosses Ansehen geniesst als Dozent in Psychologie, oder wie er das nennt, der hat sich einmal Zeit genommen und hat uns vieles erklärt. Er sagt, wir sollen uns einen frohen und sorglosen Lebensabend machen. Er wollte uns sogar jeden Monat eine ansehnliche Summe überweisen. Aber das haben wir abgelehnt. Wir haben unsere Rente, und die genügt uns."
Die Mutter:
"Ja, der Hans ist der einzige, der noch unser Sohn ist. Aber der ist oft lange fort, in Frankreich, wo er Tagungen halten muss, wie er sagt."
Der Vater erklärt:
"Der Hans hat auch etwas gesagt, und er muss das wissen, meine ich, er hat gesagt, wir sollen uns keine Sorgen machen wegen dem Himmel, dass wir sicher in den Himmel kommen. Er sagt, wir haben uns den Himmel längst verdient. Der ist uns sicher, sagt er. Darum brauchen wir auch am Sonntag nicht in die Kirche gehen und meinen, wir müssen uns den Himmel verdienen. Das wäre ganz verkehrt, sagt er, weil uns der Himmel sicher ist.
Der Hans hat uns auch getröstet und erklärt, wegen der andern Geschwister sollen wir uns keine Sorgen machen. Die sind noch jung und dumm, hat er gesagt. Die kommen später schon zur Einsicht und erinnern sich, was sie für gute Eltern haben."
Die Mutter klagt:
"Da hat er doch nicht ganz recht, der Hans, und wenn er noch so gelehrt ist. Die Kinder sollen Vater und Mutter ehren, auf dass es ihnen wohlergehe auf Erden. So heisst es doch.
Und dann, Herr Pfarrer, das müssen Sie auch besser wissen, ob es ganz richtig ist, dass uns der Himmel schon sicher ist und wir nicht mehr in die Kirche gehen brauchen. Mir lässt das keine Ruh. Wie die Kinder ihre Eltern nie vergessen dürfen, so sollen auch wir den Vater im Himmel nie vergessen und sollen für ihn auch noch Zeit haben."
Der Vater wollte dazwischen reden. Aber da fing ich gleich an:
"Liebe Eltern! Die Welt kennt keine Dankbarkeit. Wie heute fast überall, so sind auch eure Kinder ziemlich dem Geist der Welt verfallen. Sie sehen alles nur mit den irdischen Augen, und nicht mehr mit den Augen des Glaubens. Mit den Augen des Glaubens nur können wir weiter schauen auf das ewige Leben."
Der Vater wollte wieder dazwischen reden, aber ich liess ihn nicht zu Worte kommen, weil sonst alles zerredet würde:
"Ihr seid rechtschaffen und fleissig gewesen, dass eure Kinder tüchtig wurden im Leben. Das habt ihr erreicht. Aber die Welt hat sie verschluckt, sodass sie für das wahre und ewige Leben kein Gespür mehr haben. Das kann gefährlich werden, denn auch sie gehen trotz allem der Ewigkeit entgegen. Wo werden sie da landen? Hoffentlich nicht in der Hölle.
Verzeiht, aber ich muss euch das sagen als Priester. Sicher habt ihr den Himmel verdient als brave Eltern. Aber eure heilige Aufgabe, als Eltern für die Kinder zu sorgen, ist noch nicht zu Ende. Im Gegenteil. Jetzt rest recht müsst ihr für eure Kinder sorgen, beten und opfern, dass sie den Weg in den Himmel finden.
Bitte, Vater, nicht dazwischen reden und nicht böse sein, wenn ich sagen muss: Der Hans ist wohl ein guter Psychologe. Aber er ist kein Priester. Er meint es zwar gut mit euch und möchte euch trösten. Aber er kann euch nicht die Wahrheit Christi sagen. Die muss ich euch sagen. Darum hört mir gut zu:
Jesus hat sich für uns hingeopfert bis in den grausamsten Tod am Kreuze, um uns zu erlösen. Er hat uns gesagt: Wer mir nachfolgen will, der verleugne sich selbst, der nehme sein Kreuz auf sich und folge mir!
Meine Lieben! Wir dürfen dem Kreuz nicht ausweichen! Das Kreuz ist der sicherste Weg zum Himmel. Auf dem Kreuzweg können wir auch vielen helfen, die sonst verloren gingen. Auf dem Kreuzweg müsst auch ihr bleiben, liebe Eltern, für eure Kinder, indem ihr eure täglichen Opfer und Sorgen eben wegen der Kinder und euer tägliches Fürbittgebet für die Kinder verrichtet, und selbstverständlich am Sonntag für euch und für eure Kinder die hl. Messe mitfeiert. Ihr gehört doch nicht zu den Gottlosen, die von Gott nichts wissen wollen und bereits dem Teufel gehören."
Die Mutter meint zu ihrem Mann:
"Siehst du, Vater, ich habe es dir immer gesagt, wir müssen am Sonntag in die hl. Messe gehen!"
Der Vater brummt:
"Ich möcht in den alten Tagen meine Ruhe haben! Und die Kinder, die brauchen uns nimmer. Haben uns genug für sie geschunden."
Ich musste mich wieder einschalten:
"Verzeih Vater, gerade jetzt brauchen euch die Kinder, damit sie nicht verloren gehen für den Himmel."
Der Vater:
"Die meisten sind es nicht wert, dass wir uns weiter für sie sorgen und für sie Opfer bringen, wie Sie, Herr Pfarrer, es von uns verlangen."
Ich musste korrigieren:
"Das verlange nicht ich, das verlangt Jesus. Das verlangt Jesus von allen, dass wir in Liebe füreinander Opfer bringen. Auch wenn wir dafür keinen Dank ernten. Die Liebe muss selbstlos sein. Von euch Eltern, verlangt es Jesus doppelt, dass ihr weiter in Liebe für eure Kinder sorgt, auch wenn sie es euch nicht danken. Umso wertvoller wird euer Liebesopfer für sie, wenn ihr ganz selbstlos für sie opfert.
Liebe Eltern, ihr habt doch so viel Zeit zum Beten und auch, um Opfer zu bringen, indem ihr womöglich auch Werktags die hl. Messe mitfeiert für eure Kinder. Denn ich muss es euch sagen, wenn ihr drüben seid, wird Jesus zuerst fragen:
"Wo sind eure Kinder?"
Glücklich seid ihr, wenn ihr sagen könnt, ihr habt alles für sie getan, um sie zu retten für den Himmel. Wenn sie trotzdem nicht in den Himmel wollen, dann ist das nicht mehr eure Schuld. Auf alle Fälle ist es um den Himmel für eure Kinder eine ernste Angelegenheit, an der ihr als Eltern nicht vorbei kommt."
Nachdem ich das erklärt hatte, sagte die Mutter nach einer Weile: "Vater, jetzt geht für uns ein ganz anderes Leben an, eine heilige Aufgabe für unsere Kinder. Und auch für uns. Bittschön, Vater lass mich nicht allein in der Sorge für die Kinder!"
Ich darf noch darüber berichten:
Diese beiden alten Eheleute brauchten Zeit, bis sie das verdaut hatten, was ich ihnen sagen musste. Aber sie kamen immer öfter, schliesslich jeden Werktag in die hl. Messe. Die Frau konnte mir nach einigen Jahren erzählen, es hat sich langsam ein religiöser Wandel bei ihren Kindern vollzogen. Sie besuchten wieder öfter die Eltern, gingen mit ihnen in die Kirche, wenn sie am Sonntag kamen. Die beiden Eltern wurden alt und waren mit achzig noch erfreulich gesund. Die Frau sagte mir einmal:
"Wissen Sie, Herr Pfarrer, mein Mann hat anfangs öfter gebrummt. Hat ihm manches nicht recht gepasst. Aber er hat mich sehr gern. Er hat schliesslich alles mitgemacht. Auch abends den Rosenkranz und sonstige Andachten. Eben für unsere Kinder. Der Papa, Herr Pfarrer, der ist goldig, der geht nicht ins Wirtshaus, der bleibt lieber bei mir daheim und lässt sich alles sagen, was wir tun und beten müssen für unsere Kinder."
Ich muss ergänzen: Das war die Zeit, in welcher der Priester noch Priester war in Kleidung und Leben. Da galt sein Wort noch und wurde gehört. Der Mann ist mit 84 gestorben, die Frau einige Jahre später. Beide eigentlich nie krank. Sie haben beide sehr einfach und gesund gelebt. Noch ohne Fernsehkasten, nur ein bißchen Radio. Aber ständig tätig im Garten, im Winter jeden Tag einen ordentlichen Spaziergang. Nie einen Urlaub, obwohl die Kinder ihnen dafür alles bezahlt hätten.
Die Mutter sagte:
"Wofür das? Wir sind glücklich daheim und freuen uns, wenn wir für unsere Kinder da sind."
Bei der Beerdigung der Mutter waren alle Kinder mit ihren Familien zugegen. Ich war dann ins Gasthaus eingeladen. Ich hatte den Eindruck, es war mehr ein Dankfest der Kinder, so gute Eltern gehabt zu haben und weiter zu haben vom Himmel aus.
Mir kommen fast die Tränen, wenn ich heute Elternbeerdigungen erlebe. Es heisst höchstens: Nun sind sie erlöst von ihren Leiden und Plagen. Aber sie denken nicht mehr weiter, an die Ewigkeit schon gar nicht mehr. Da ist alles fraglich.
Das Wagnis der Liebe, wie es Jesus für uns bis zur völligen Selbsthingabe vollzogen hat und wie er es auch von seinen Christen im Kleinen erwartet, ist fast undenkbar geworden. Überall nur Gejammer und Sorgen für das Irdische. Der Auftrag Jesu, für den Himmel in Liebe zu sorgen und zu wagen, wird nicht mehr gehört. Mir kommt oft der Gedanke:
Die heutigen Christen wandern durch eine ausweglose Wüste, bis sie sinnlos im Sand versinken und nicht wissen, wofür sie gelebt haben. Dabei hat uns Jesus alles so klar gezeigt, er der allein sagen konnte: "Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben!"
Bedenken wir auch wieder das wichtige Wort Jesu in der schrecklichen Tatsache, dass fast alle nur noch für das Irdische sorgen und leben:
"Was nützt es dem Menschen, wenn er die ganze Welt gewinnt, aber an seiner Seele Schaden leidet."
Wie wird das Erwachen für die meisten Christen heute nach dem Tod in der Ewigkeit sein, wenn sie erkennen müssen, dass sie mit leeren Händen und noch mehr mit leerem Herzen vor ihrem Herrn und Richter stehen. Zwar wird Jesus vielen gnädig sein wegen der Fürbitte seiner heiligsten Mutter und der stillen und vergessenen Beter überall. Aber dann beginnt das furchtbare Fegfeuer, von dem sie heute gar nichts wissen wollen, obwohl es für die meisten die letzte Rettung ist.
Eine Seherin in Medjugorje hat berichtet:
Sie sah viele, unzählig viele Arme Seelen wie Nebelknäuel in sich zusammengehüllt, hilflos, ganz arm und leer. Nur ein kleines Fünklein brannte in ihnen, es brannte grausam in Sehnsuchtsqualen nach der Liebe Gottes, die sie nicht gewagt hatten auf Erden.
Dabei ist es so erhebend, zu wissen in unserem Erdenleben, wie Jesus in Liebe alles für uns tut. Er nährt uns mit seinem Leibe und Blute und lässt uns im Lichte des Heiligen Geistes alles erkennen, wie wir durch die Zeit wandern müssen, um das Himmelreich zu gewinnen.
Es ist als ob Gott Vater selber in hoher Erwartung seine Arme über uns, seine geliebten Kinder, ausbreiten würde, um uns einst die ganze Schöpfung wieder zu Füssen zu legen, wie er es von Anfang an wollte. Der Apostel sagt dazu im 2. Tim 2,12:
"Nun sollen wir mit Christus ausharren, damit wir einst auch mit ihm herrschen."
Weiter schreibt der Apostel in Eph 2,19:
"Durch Jesus Christus haben wir Zutritt zum Vater. Wir sind nicht mehr Fremdlinge, sondern Mitbürger und Hausgenossen Gottes."
Nicht aus uns selber sind wir etwas. Wir haben nichts und sind nichts. Durch Jesus dürfen wir heimfinden zur Fülle der Liebe Gottes, des Vaters, unseres Vaters.
Trotz seiner freiwilligsten Liebeshingabe zwingt uns Jesus nicht zum Leben der Kindschaft Gottes. Es steht uns immer frei, ihm zu glauben und ihn aufzunehmen, dass wir in ihm leben das Leben der Kinder Gottes und in herrlichster Hoffnung durch die Zeit der Prüfung wandern. Nur freie Liebe drängt uns dazu, nicht Zwang. Gott will keine Knechte.
Und wenn wir Jesus hundertmal enttäuscht haben oder tausendmal, weil uns die Erdengelüste so verlockten, einmal werden wir ihm doch treu bleiben und darin sehr glücklich sein. Alles andere ist doch nur Trug und Lüge, vom Lügner der Hölle angefeuert.
Im Dritten Reich ging es nur um irdische Herrschaft. Das Ergebnis waren zerbombte Städte und Millionen Tote.
Ein Ortsgruppenleiter sagte 1944 zu mir:
"Ich verbiete Ihnen, die Jugend für diesen Jesus zu begeistern! Die Jugend gehört dem Führer! Der Führer allein ist die Zukunft der Jugend! Wenn Sie das nicht glauben wollen, dann wird der Führer Sie vernichten."
Da er gute katholische Eltern hatte, wagte ich das Wort:
"Christus dienen allein heisst herrschen!"
Er sagte darauf empört:
"Sie werden es noch erleben, wer wirklich herrscht!"
Der Ortsgruppenleiter hatte seinen Vertrauten gesagt: Er werde durch die Gestapo sorgen, dass ich verschwinde.
Er konnte aber seinen Plan nicht mehr durchführen, weil bald die feindlichen Panzer heranrollten. Der Ortsgruppenleiter war plötzlich verschwunden.
Während das Dorf schon von den Feinden besetzt war, ging ich in sein Haus. Weinend empfingen mich seine Frau und seine Kinder. Die Frau rief:
"Bitte, Herr Pfarrer, retten Sie meinen Mann! Er hat sich auf dem Speicher eingeschlossen und will sich erschiessen. Bitte, helfen Sie! Vielleicht hört er auf Sie."
Ich ging mit der Frau hinauf zum Dachboden. Ich klopfte energisch an die verriegelte Tür:
"Michael, mach auf! Lass mit dir reden! Es kann alles wieder gut werden. Aber mach auf!"
Er schob den Riegel zurück. Ich trat ein. Er sass auf einer Kiste mit der Pistole in der Hand:
"Lassen Sie mich in Ruhe! Ich muss mit dem Führer sterben. Auch du, Pfarrer, gehst mit mir, wenn du mich dabei stören willst!"
Er drehte die Pistole drohend zu mir. Ich sagte ihm:
"Michael, du trägst den Namen des siegreichen Erzengels. Du sollst auch tapfer sein wie der hl. Erzengel Michael! Du darfst nicht durch einen feigen Selbstmord fliehen! Michael sei tapfer! Du wirst sehen, es wird alles wieder recht. Ich werde ein gutes Wort für dich einlegen."
Er liess den Arm mit der Pistole sinken. Ich nahm die Waffe aus seiner Hand und warf sie durch das Dachfenster in den Bach, der unten vorbeifloss.
Er wurde zur Entnazifizierung in ein Lager gebracht. Nach einigen Monaten kam er zurück, weil ich mich für ihn eingesetzt hatte. Er bedankte sich und fragte:
"Herr Pfarrer, Sie haben einmal zu mir gesagt: Christus dienen heisst herrschen. Ist das wirklich so?"
Ich freute mich, dass er sich das gemerkt hatte und sagte:
"Oh ja, das ist wirklich so. Nur geht es bei Christus nicht um eine vergängliche Scheinherrschaft. Mit Christus herrschen heisst, dem Wagnis seiner Liebe vertrauen, auch wenn alles verloren scheint. Der Völkerapostel mahnt uns:
Wir müssen vertrauend mit Jesus durchhalten in dieser Welt, dann werden wir einst auch sicher mit ihm herrschen in Ewigkeit." -
Ein Heimkehrer erzählte mir:
"Mir ging es darum, in sibirischer Gefangenschaft möglichst viele Kameraden zu retten. Da ich die russische Sprache gut beherrschte und Offizier war, wurde ich als Lagerverwalter eingesetzt. Wir erlebten einen Winter mit 40° minus. Die Verpflegung war miserabel. Nur für eines konnte ich sorgen, dass wir in den Barraken genügend zum Heizen hatten.
Aber die Kameraden mussten beim mörderischen Frost mit einfachen Handsägen meterdicke Bäume durchsägen. Viele sind dabei umgekommen. Der erste sibirische Winter forderte 50% Tote. Die Leichen wurden wie Holzscheite aufgeschichtet. Erst im Frühjahr wurden sie in ein Sumpfloch hinuntergeworfen.
Ich habe es durchgesetzt, dass wir vor dem Massengrab einen Gottesdienst halten durften. Wir hatten einige Priester unter den Gefangenen. Schliesslich konnten wir jeden Sonntag Gottesdienst feiern. Mir ging es darum, dass die Kameraden wieder Lebenshoffnung aus dem Glauben schöpfen konnten.
Wenn ich mich nachts wegen der Sorgen um meine Kameraden auf meinem Holzlager schlaflos herumwälzte, musste ich an meine harte Kindheit zurückdenken.
Meine Mutter hatte sich gerade nach der Geburt des achten Kindes wieder erhoben, um für uns zu sorgen. Da läutete es energisch an der Haustür. Zwei Männer von der Bahn standen draussen:
"Frau Emler, nicht erschrecken! Sie kommen gleich mit dem Wagen. Sie bringen ihren Mann, der beim Rangieren schwer verunglückt ist. Er war sofort tot. Wir wollten ihn zu ihnen bringen, damit sie ihm noch ein Segens-Kreuzerl auf die Stirne machen können."
Da brachten sie ihn. Ich war ein Bub von 10 Jahren. Ich habe alles mit der Mutter miterlebt. Dem Papa war der Brustkorb zusammengedrückt. Der Kopf und die Hände waren unverletzt. Die Mama hat dem Papa mit Weihwasser ein Kreuzerl auf die Stirne gezeichnet. Dann hat sie sich kurz vor ihm niedergekniet:
"Papa, du warst ein frommer und guter Vater. Wir haben alle zu dir aufgeschaut. Und jetzt erst recht dürfen wir zu dir aufschauen, da du uns vorangegangen bist in den Himmel. Von dort wirst du uns helfen, wie du uns immer geholfen hast."
Sie stand auf und gab den Männern einen Wink, dass sie weiterfahren können. Sie weinte nicht, obwohl ihre Augen brannten vor Schmerz. Inzwischen kamen auch meine Geschwister, die beim Nachbarn gespielt hatten. Dort hatten sie es schon erfahren. Ein grosses Weinen und Klagen hatte alle ergriffen. Auch die Mutter weinte stille Tränen, die sie immer wieder abwischte. Dann richtet sie sich auf und sagte:
"Kinder, seid nun rihig! Mit viel Jammern können wir dem Papa nicht helfen."
Sie ging uns voraus in die Stube zum Herrgottswinkel. Da kniete sie nieder und winkte uns, dass auch wir hinknieen. Sie betete den schmerzhaften Rosenkranz vor. Wir beteten nach. Dann stand sie auf und winkte uns, wir sollen uns setzen. Sie sagte Worte, die ich nie vergessen konnte. Die mir für mein ganzes Leben Wegweisung wurden:
"Kinder, der Vater war ein guter Christ. Er hat treu in Christus gelebt. Darum sollen wir nicht traurig sein. Er ist wahrscheinlich schon im Himmel. Das Leben auf dieser Welt ist nur der Weg in die Ewigkeit. Für einen guten Christen ist es der Weg in den Himmel. Beim lieben Papa ging es zu schnell. Aber der liebe Gott weiss, warum er ihn so bald heimgerufen hat. Vielleicht wollte er ihn vor einem grösseren Unglück bewahren, das ihm im Glauben geschadet hätte.
Der Vater wird vom Himmel aus für uns sorgen. Er wird uns zum guten mahnen. Wir hören seine Stimme nicht mehr mit den Ohren. Aber mit dem Herzen können wir sie hören. Achtet gut auf diese Stimme, dann wird euch der Vater überall beschützen können. Es wird euch kein Unheil geschehen, das euch schaden könnte. Vertraut dem Vater! Er wird immer bei uns sein, auch wenn wir ihn nicht sehen können.
Kinder, das musste ich euch sagen im Auftrag des Vaters! Mir ist als hätte er mir das wortwörtlich zugeflüstert. Nun seid tapfer, wie es der Papa von uns erwartet."
Eines Tages kamen meine zwei älteren Brüder begeistert heim und riefen: "Mama, unser Führer ruft uns zu den Waffen, weil die Polen uns überfallen."
Da legte unsere Mama den Beiden die Hände auf die Schultern und sagte sehr ernst:
"Buben, Hitler ist die grösste Versuchung, die Gott zugelassen hat, um unseren Glauben zu prüfen. Jetzt kann jeder zeigen, wem er mehr glaubt, Jesus oder Hitler. Wenn ihr einrücken müsst und wenn ihr wollt, dass euer Vater mit euch ist und euch beschützt, dann hört, was er euch sagen will:
"Buben, schaut immer aufwärts zum Himmel! Hört nicht auf das Geschrei der Leute, die nicht weiterdenken können. Was ihr nun wagen müsst, wagt es mit Jesus! Dann wird Jesus euer Sieg sein für den Himmel! Unser wahrer Führer ist nur Jesus."
Als ich beim letzten Urlaub von der Mutter Abschied nahm, sagte sie mir nach dem Segenskreuzerl:
"Die Deutschen haben sich mit Hitler teuflisch erhoben. Darum muss sie Jesus unter das Kreuz seiner Liebe beugen, damit sie wieder für den Himmel taugen. Bub, hab keine Angst! Ich segne dich immer und der Vater geht mit dir und beschützt dich! Ich spüre das! Du kommst wieder, wenn du auch zum Wagnis der Liebe mit Jesus viel ertragen musst."
Er erzählte weiter:
"Ich musste oft staunen, wie ich in der schweren sibirischen Gefangenschaft bestehen konnte, obwohl mich die Russen in ein Straflager bringen wollten, weil ich die Rechte der Gefangenen so streng gefordert habe. Sie haben mich angespuckt, sie haben mich geschlagen und haben mich in den Hungerbunker gesperrt, aber ich hab mich nie gefürchtet und habe weiter die Rechte meiner Kameraden gefordert.
Als ich wieder aus dem Bunker kam, sagte ich meinen Kameraden: Haltet aus, Kameraden! Unser Führer heisst Jesus Christus! Erhebet eure Augen und hofft auf die Heimat!
Von da an wurden die Wehrmachtsgottesdienste eifriger besucht, auch von den evangelischen Kameraden.
Wenige Wochen später wurden die Listen zur Heimreise zusammengestellt und bald rollten wir in den grossen russischen Waggons alle der Heimat zu."
Er berichtete mir noch:
"Unsere gute und tapfere Mutter war gestorben. Zu dritt standen wir Heimkehrersöhne am Grab der lieben Eltern. Einer ist nicht mehr heimgekommen. Er war in amerikanischer Gefangenschaft und ist dort geblieben, hat dort geheiratet, ist Amerikaner geworden."
Was gute Eltern, besonders gute christliche Mütter leisten können, das ist fast unglaublich. Dennoch ist es möglich, und nur möglich im Glauben. Jesus verlangt von uns nicht allzuviel, aber eines verlangt er unbedingt von uns: Den Glauben!
Wir lesen in Matth 21,18:
"Als er (Jesus) des Morgens in die Stadt zurückkehrte, hungerte ihn. Er sah einen (wilden) Feigenbaum am Wege. Er ging hin, fand aber nichts als nur Blätter an ihm. Da sprach er: Nie mehr soll Frucht auf dir wachsen! Sogleich verdorrte der Feigenbaum.
Als die Jünger das sahen, wunderten sie sich und sprachen: Wie ist der so plötzlich verdorrt? Jesus antwortete ihnen:
Wahrlich, ich sage euch, wenn ihr Glauben habt und nicht zweifelt, so könnt ihr nicht nur das tun, was am Feigenbaum geschah. Ihr könnt, wenn ihr zu diesem Berge sagt, hebe dich hinweg und stürze dich ins Meer, es vollbringen. Alles, was ihr im GEbet gläubig erbittet, das werdet ihr empfangen."
Jesus hat seinen Jüngern an dem Feigenbaum zeigen wollen, dass jeder, der keine gute Frucht bringt, für das wahre Leben nicht bestehen soll. Weiter wollte ihnen Jesus damit zeigen, dass sie unbedingt glauben müssen, dann ist ihnen nichts unmöglich.
Felsenfest muss unser Glaube an Jesus sein! Denn wir sind ohnmächtig für das wahre Leben. Jesus allein ist allmächtig und schenkt uns in seiner allmächtigen Liebe gerne alles, was wir vertrauend von ihm erbitten. Wenn wir Jesus nicht unbedingt glauben würden, könnten wir im Wagnis der Liebe mit Jesus nicht bestehen und unser Leben würde fruchtlos.
(von Pfarrer Hermann Wagner)